Vereinschronik der

Motorradfreunde Wiedergeltingen e. V.

Das Gründungsdatum der Motorradfreunde Wiedergeltingen lässt sich auf den Tag genau nicht mehr mit Bestimmtheit festlegen, da hierzu drei unterschiedliche Wiedergeltinger Jugendgruppen erst einmal zueinander finden mussten. Einzelne Mitglieder kannten sich zwar untereinander bereits mehr oder weniger gut, einige hatten sogar zusammen die Schulbank gedrückt, die Interessenlage war jedoch eher unterschiedlich, dachte man. Im Jahr des Heils 1987 nun stellte man verblüffender Weise fest, dass gerade auf diversen Motorradtreffen jedes Mal die gleichen üblichen Verdächtigen aus dem eigenen Dorf auffällig präsent waren und deren Verhaltensmuster, als auch die Trinkfestigkeit, der eigenen nicht unähnlich war. Die gemeinsame Schnittmenge erst einmal erkannt, begann man im Verlauf des Sommers 1988 bereits die ersten Motorradtouren zu organisieren, das ein oder andere Treffen zusammen anzufahren und diverse Moto-Cross-Veranstaltungen aufzuziehen, bei denen mit teilweise recht abenteuerlichen Vehikeln in den umliegenden Kiesgruben Kopf und Kragen riskiert wurde. Kurzum, man kam sich näher. Man möge mir widersprechen, aber ich bin fest davon überzeugt, dass besonders jener ausgeprägte Hang zum Geländesport letztendlich ausschlaggebend dafür war, dass man im Oktober 1989 den Beschluss fasste, im neuen Jahrzehnt unter gemeinsamer Flagge so richtig in die Bikerszene einzusteigen. So kann man denke ich mit Fug und Recht behaupten, dass hier die Geburtsstunde der Motorradfreunde Wiedergeltingen war.

Ein schlanker Beschluss, schnell gefasst, stellte die damals 15 Gründerväter und -mütter aber vor gewaltige Probleme. Diskussionen wie z. B. „Unter welchem Namen will man auftreten, welches Logo wählt man, wie setzt sich der Vorstand zusammen oder welche Beiträge soll man erheben?“ rückten vor der Frage: „Wo will man sich eigentlich regelmäßig treffen?“, deutlich in den Hintergrund. Man einigte sich daher recht schnell auf den unverfänglichen Namen „Motorradfreunde“ und wählte das Flügelrad als Abzeichen, welches heute noch in etwas abgeänderter Form unser Wappen ziert. Also, auf zum Wesentlichen - ein Clubheim musste her! Leichter gesagt als getan, mit einem als eher überschaubar einzustufenden, quasi nicht vorhandenen finanziellen Budget. Sich im Nebenzimmer einer der Wiedergeltinger Gaststätten einzumieten wurde von Anfang an ausgeschlossen, da zur damaligen Zeit ein Motorradverein gänzlich nicht in das Bild einer erzkatholischen Allgäuer Gemeinde passte. Die Zukunft sollte zeigen, dass wir mit unserer Vermutung dahingehend nicht falsch lagen. Dazu aber später mehr.

Als die Not am Größten war, schüttete jedoch plötzlich Fortuna ihr Füllhorn über uns aus. Der Vater unseres frischgebackenen ersten Vorstandes stellte uns unentgeltlich ein Grundstück außerhalb der Ortsgrenze zur Verfügung, welches aufgrund der geringen Größe und der ungünstigen Form nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung geeignet war und erlaubte uns darüber hinaus, dort eine Hütte zu errichten. Gesagt - getan. Jeder tobte los und versucht aus allen möglichen Quellen Material und Werkzeug zusammenzutragen, so dass wir bereits im November 1989 mit der Grundsteinlegung unseres eigenen Vereinsheims beginnen konnten. Da solch ein Projekt nicht gänzlich ohne finanzielle Mittel zu bewältigen ist erklärte sich jedes Gründungsmitglied spontan bereit, aus seiner privaten Geldbörse einen Betrag von 500 DM als Startkapital zur Verfügung zu stellen. Dieser Betrag sollte, nachdem durch Getränkeverkauf im zukünftigen Vereinsheim ein gewisser Gewinn erwirtschaftet worden war, wieder zurückbezahlt werden. Garantien konnten allerdings von niemandem gegeben werden. Allein das lässt bereits erahnen, wie stark der Pioniergeist zu dieser Zeit ausgeprägt war. Besonders deutlich wurde er dadurch, dass in einer Rekordbauzeit von nur etwas mehr als drei Monaten bereits im Februar 1990 das neue Clubheim eingeweiht werden konnte.

Ein Erfolg der nur möglich war, da von erster Minute an jeder voll dahinter stand, seine Fähigkeiten, Erfahrungen und sein handwerkliches Geschick - in welchem Bereich auch immer - in jeder freien Minute voll einbrachte und vor allem, weil wir an uns glaubten! Es wurde schwerpunktmäßig am Wochenende, aber auch unter der Woche bei Eiseskälte oftmals bis spät in die Nacht gewerkelt, getan und gemacht. Natürlich waren auch Streit und Zankereien an der Tagesordnung, welche allerdings nie ausarteten. Stattdessen konnte das Kriegsbeil immer wieder begraben werden. Die Charakterzüge eines jeden einzelnen, mit all seinen Facetten, besonders die Stärken und Schwächen wurden deutlich sichtbar. Aber was auch sehr wichtig war, der Spaß blieb dabei nie auf der Strecke und davon gab’s jede Menge. Die Befürchtung, das Projekt könnte in die Hose gehen existierte einfach nicht. Zusammenfassend kann man sagen, dass in diesen wenigen Wochen aus einer Ansammlung von Individualisten ein Gefüge zusammengeschweißt wurde, dessen Geist bis zum heutigen Tage lebendig ist (und hoffentlich noch viele weitere Generationen überdauern wird). Der Leser möge mir verzeihen, dass ich bei meinen Schilderungen etwas ins schwärmen gerate, aber ich bin fest davon überzeugt, dass bis zur Schaffung unseres Clubheims der Verein zwar gegründet war, aber erst nach der Fertigstellung tatsächlich zu existieren begann. Eine Zeit, an die ich mich immer noch oft und gerne zurückerinnere.

Wilde Zeiten folgten nun in denen man versuchte, sich in der Szene möglichst schnell einen Namen zu machen. Heute, nach über 20 Jahren muss ich zugeben, dass die damals gewählten Mittel vielleicht nicht immer die besten waren sich einen guten Namen zu machen,aber bekannt sind wir dadurch auf jeden Fall geworden. Einzelheiten bleiben an dieser Stelle aber besser unerwähnt. Nichtsdestotrotz häuften sich die Einladungen der Motorradclubs ständig, was dazu führte, dass wir oftmals am Wochenende freitags zum einen und von dort aus am Samstag gleich zum nächsten Treffen weiterzogen. Besonders die Kontakte in die neuen Bundesländer möchte ich hierbei anführen, wobei es uns im Rahmen der ersten offiziellen Pflichtfahrt 1990 eher zufällig ins südliche Brandenburg zum MC Finsterwalde verschlug, mit dem uns über mehrere Jahre ein sehr gutes Verhältnis verband. Gegenseitig besuchte man sich abwechselnd jedes Jahr, bis aus unerklärlichen Gründen 1994 plötzlich jeglicher Kontakt abbrach, Schade eigentlich. Hey Mücke, falls Du das hier lesen solltest, melde dich mal wieder.

Auch unsere Geländesportaktivitäten wurden nach endgültiger Fertigstellung des Clubhauses weiter ausgebaut und vorangetrieben, was zwischenzeitlich sogar soweit führte, dass wir in einem angrenzenden Acker unsere hauseigene Moto-Cross-Strecke anlegen konnten, welche sich bei den Bikern unserer Region großer Beliebtheit erfreute. Leider teilten die an der Ortsgrenze ansässigen Anwohner diese Begeisterung nicht, so dass wir von den zuständigen Behörden gegen Androhung eines nicht ganz so geringen Entgelts freundlich aber bestimmt aufgefordert wurden, unsere diesbezüglichen Aktivitäten doch vielleicht besser irgendwo anders hin zu verlagern und den Acker wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zuzuführen. Ja ja, so ist das halt im schönen Bayernland! Natürlich waren wir nicht nur gern gesehene Gäste auf diversen Biker- Events, sondern begannen bereits im ersten Jahr unseres Bestehens schon mit der Ausrichtung eines eigenen Motorradtreffens. Leider war - wie bereits erwähnt - mit nur 16 Mitgliedern an ein klassisches Treffen mit Bierzelt und allem dazugehörigen Schnickschnack anfangs in keinster Weise zu denken, so dass unser erstes Fest 1990 in improvisierter Form in einem Feldstadel (für Nichtbayern: in einer Scheune) stattfinden musste. Frei nach dem Motto „lieber klein aber fein“.

Dass wir damit aber auf dem richtigen Weg waren wurde uns dann dadurch bewusst, als im Frühjahr 1991 eine weitere Jugendgruppe fast geschlossen zu uns stieß und den Club auf einen Schlag um 9 Mitglieder bereicherte; was neben einigen Einzelzugängen in den Wintermonaten eine Gesamtzahl von 27 Mitgliedern ergab. So verstärkt begannen wir nun unsere ersten „echten“ Motorradtreffen aufzuziehen, die natürlich anfangs eher mäßig besucht waren, aber mit der Zeit an Qualität und Größe zunahmen. Man lernt ja dazu, möchte man meinen. Dass dies nicht immer der Fall ist könnt ihr euch wohl denken und warum das so ist, erfahrt ihr gleich. Zuvor aber noch eine kurze Aufstellung was wir bisher an Treffen bis heute veranstaltet haben:

1990 1. Biker-Fete der MFW (Kick-Off in „Beggel’s Stadel“)

1991 2. Motorradtreffen (die Schlammschlacht)

1992 3. Motorradtreffen

1993 4. Motorradtreffen

1994 5. Motorradtreffen

1997 6. Motorradtreffen (Im Zirkuszelt)

1998 7. Motorradtreffen (Die Hammerparty)

2007 8. Motorradtreffen (Ein neuer Anfang)

2008 9. Motorradtreffen

2009 10. Motorradtreffen

2010 11. Motorradtreffen (20 Jahre MFW)

2011 12. Motorradtreffen

Ach ja, genau hier muss ich bezüglich des katholischen Weltbildes eines kleinen Allgäuer Dorfes nochmals einhaken. Bis dato hatte auf den Wiedergeltinger Fluren ein solches Event noch nie stattgefunden. Darüber hinaus war, ein nicht näher genannter Motorradclub der etwas härteren Art, einige Jahre zuvor in einer benachbarten Ortschaft im Zuge ihrer Rallye dahingehend in Erscheinung getreten, dass Flurschäden hinterlassen wurden die normalerweise nur mit dem Durchzug von Landsknechthorden im 30-jährigen Krieg vergleichbar waren. Auflagen der Gemeinde waren dort erst gar nicht zur Kenntnis genommen worden, Geschweige denn auch nur ansatzweise befolgt. Man munkelt, dass es hierbei sogar zu Übergriffen auf Polizeibeamte gekommen wäre, die sich - bar jeglicher Vorsichtsmaßnahmen und entgegen gutgemeinter Ratschläge der eigenen Kollegen - zu Zweit, bei Dunkelheit, mitten in eine Ansammlung von mehreren hundert vollgekifften und total besoffenen Rockern begeben haben, um dort das Wort des Gesetzes zu predigen. Gewisse Dinge tut man einfach nicht! So, jetzt aber Spaß beiseite! Dass solche Ausschreitungen natürlich völlig unakzeptabel sind ist wohl jedem klar und nicht entschuldbar. Wir bedanken uns daher auf diesem Wege auch recht herzlich bei den damaligen Ausrichtern dieser Katastrophe, vor allem dafür, dass sie es geschafft haben, der Polizei wie auch der Verwaltungsbehörde jede Menge Argumente zu liefern, um uns damit über Jahre hinaus das Leben zur Hölle zu machen. Jedes noch so kleine Vorurteil einem Motorradfahrer gegenüber, egal welcher Richtung er angehört, war damit exponentiell gesteigert worden. Vielen Dank dafür!!!

Also noch mal, der Vorfall war absolut unentschuldbar und die Verantwortlichen wurden daraufhin auch zur Rechenschaft gezogen. Fatal war nur, dass unser damaliger Dorfältester sofort alle Biker über den gleichen Kamm scherte und fest davon ausging, dass durch unsere Veranstaltung ein ähnliches Desaster zu erwarten sei, was es aus seiner Sicht natürlich unter allen Umständen zu verhindern galt (es lebe das Vorurteil). Man begann nun damit, erst einmal den Vorstand zu einer Anhörung in die Gemeindekanzlei vorzuladen, welche sich letztendlich eher mit der Vernehmung eines dringend Mordverdächtigen vergleichen ließ, als mit der geforderten Stellungnahme zu einer öffentlichen Veranstaltung. Unkenntnis der Sachlage, Vorurteile bis hin zu völlig unhaltbaren Anschuldigungen wurden hierbei durch den damals amtierenden Bürgermeister in sehr eindrucksvoller Art und Weise zum Besten gegeben. Da dies aber auch nicht half, uns zum Zurückziehen des gestellten Antrages zu bewegen änderte man die Taktik dahingehend, dass die Genehmigung zwar erteilt, die damit verbundenen Auflagen aber derart restriktiv gestaltet wurden, dass sie durch uns als Veranstalter selbst beim besten Willen nicht zu erfüllen waren.

Schankschluss und Ende der Musikdarbietungen um 24:00 Uhr sind hier nur zwei der endlosen Liste an Restriktionen die, gepaart mit massiver Polizeipräsenz während der gesamten Dauer im Bereich der Zu- und Abfahrtswege zum Festplatz, letztendlich dazu führen sollten, dass wir in Aussicht auf finanzielle Verluste und Prestigeverlust wohl zukünftig auf derartige Anträge verzichten würden. Kurzum, Schikane an allen Ecken und Enden. Davon zunächst unbeeindruckt verfolgten wir natürlich unsere Ziele weiter. Aber der Spruch „lieber ausbrennen als zu verblassen“ besitzt nach den damals gemachten Erfahrungen leider nur eine zeitlich befristete Gültigkeit. Will damit sagen, dass die Partys zwar allesamt stattfanden, spätestens aber nach dem Erhalt von Bußgeldbescheiden in Höhe von bis zu 8.000 DM mussten wir frustriert die Waffen strecken und notgedrungen auf die Ausrichtung von weiteren Treffen in den Jahren 1995 und 1996 verzichten. Beim erneuten Versuch in den Jahren 1997 und 1998 hatte sich die Situation nicht merklich verbessert. Spätestens jetzt war selbst den größten Optimisten im Club klar, dass bei der momentanen Zusammensetzung der Gemeindevertretung jeder weitere Versuch sinnlos wäre. Dies änderte sich erst 9 Jahre später, so dass seit 2007 wieder Treffen der Motorradfreunde Wiedergeltingen besucht werden können. Aber, alles schön der Reihe nach! Wir waren immer noch bei den Anfängen.

Den damaligen Höhepunkt erreichten wir 1993, im gleichen Jahr als wir unter der Registernummer 1111 offiziell ins Vereinsregister eingetragen wurden. Seither führt der Club den Zusatz e.V. im Namen. Ab 1994 ließ die anfängliche Euphorie aufgrund der wachsenden familiären und beruflichen Verpflichtungen der meisten deutlich nach. Die Austritte einiger Gründungsmitglieder, gepaart mit Nachwuchsproblemen, welche fast alle Clubs in unserer Umgebung gleichermaßen zu spüren bekamen, führten zu einem deutlichen Rückgang der Aktivitäten in den folgenden Jahren. Man beschränkte sich in dieser Zeit im allgemeinen mehr auf gemeinsame Ausfahrten und kleinere Festivitäten im Clubheim. Der Besuch von Motorradtreffen rückte im Vergleich zur Anfangszeit dabei schon deutlich in den Hintergrund. Kurz gesagt, wir zogen es eher vor unter uns zu bleiben. Bei vielen Außenstehenden wurde daher der Eindruck erweckt, dass das Vereinsleben zum Stillstand gekommen sei. Ja aus gewissen Kreisen prophezeite man uns sogar das baldige Ende der Motorradfreunde Wiedergeltingen e.V. Diesen Schwarzsehern sei heute gesagt, dass sich von 1995 bis 1998 die Zahl der Austritte und Neuzugänge in etwa die Waage hielten. Leider standen jedoch viele ehemals treibende Kräfte nur noch als passive Mitglieder zur Verfügung, was uns aber nicht daran hinderte, entgegen der bereits beschriebenen Widrigkeiten, im Jahr 1997 und 1998 nochmals zwei Motorradtreffen aufzuziehen. Gerade das 98´er Treffen entwickelte sich dabei trotz Pisakerei der Behörden, saftigen Bußgeldern und der geringen Zahl von ca. 20 Mitgliedern, zum bislang größten und erfolgreichsten Treffen der Vereinsgeschichte. Ein Event, dass uns selbst durch die Unterstützung zahlreicher freiwilliger Helfer fast an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit brachte. Angespornt durch diesen Erfolg ging wieder ein Ruck durch den Verein, was wiederum zu einem nicht unerheblichen Zulauf an Neumitgliedern führte.

Dummerweise hatte man aufgrund der Flaute in den vergangenen Jahren begonnen, die Aufnahmekriterien für Neueinsteiger zu lockern. Damit, und in Verbindung mit der allgemeinen Euphorie machte man potentiellen Anwärtern die Aufnahme in den Verein in dieser Zeit vielleicht etwas zu leicht. Eine Politik, die sich in Einzelfällen bald als Fehler herausstellen sollte. Zwar konnten wir anfangs einen gewissen zahlenmäßigen Aufschwung verzeichnen, mussten aber bald erkennen, dass Masse nicht gleich Klasse ist. Neben einer Vielzahl an guten Leuten, welche noch heute wertvolle und geachtete Mitglieder unserer Zunft sind bzw. auch nach ihrem Austritt immer noch oft und gerne als Gäste in unserem Clubheim begrüßt werden können, wurde die liberale Aufnahmepolitik auch von anderen Subjekten ausgenutzt. Ehe man sich versah waren wir von allerlei skurielen Charakteren infiltriert. Nervtötende, unzuverlässige Sprücheklopfer die einfach nur eine Plattform zur Selbstdarstellung suchten waren hierbei noch die harmlosen Vertreter dieser Spezies (hallo Schepperer, hörst du mich?). Die Extremeren zeichneten sich durch ihre permanente Geldnot aus, welche sie durch hartnäckiges Nichtbezahlen ihrer Schulden, bis hin zu beherzten Griffen in die Vereinskasse zu lindern versuchten. Wieder andere verstanden sich in unnachahmlicher Art und Weise darauf, von einem Fettnapf in den nächsten zu treten und damit den Ruf des gesamten Vereins innerhalb der Szene in Verruf zu bringen.

Da solch ein Verhalten gewöhnlich nicht schlagartig einsetzt und jeder seine zweite Chance haben soll, dauerte es dann doch eine ganze Weile bis uns der Kragen endgültig platzte. Spätestens als sich noch mehr verdiente Mitglieder in die Passivität zurückzogen oder gar mit dem Austritt aus dem Club drohten, war dieser Punkt erreicht und man entledigte sich schrittweise der Störenfriede. Es ist erschreckend mit ansehen zu müssen, wie eine sehr kleine Minderheit doch in der Lage ist, mit wenig Aufwand das gesamte Gefüge eines Vereins bis in die Grundfesten zu erschüttern. Frei nach dem Motto „Lessons learnd“ war nach dieser Entschlackungskur unser Bedarf an neuen Gesichtern fürs erste einmal gedeckt.

Alles wieder in Butter, könnte man meinen. War´s fürs erste auch. Allerdings brachten die kommenden Geburtstagsfeiern bei denen fast ausschließlich 30´er und sogar einige 40´er Jubiläen gefeiert wurden den ein oder anderen doch ins Grübeln, was den langfristigen Fortbestand des Clubs angehen sollte. Die damals in Frage kommende Generation fand aber eher Gefallen daran, im Sommer mit Wollmützen auf dem Kopf, in viel zu großen Hosen, Idolen wie Erkan & Stefan nachzueifern, als sich mit der Bikerszene zu identifizieren. Im Jahr 2000 änderte sich das glücklicherweise. Endlich war wieder ein Jahrgang herangereift der, so erzählte man sich, ähnlich veranlagt war wie seinerzeit die Gründerväter.

Die ersten Kontakte mit den Jungs bestätigten diese Annahme nur zu deutlich. Allerdings reagierte man aufgrund der Erfahrungen im letzten Jahrtausend verständlicherweise eher zurückhaltend auf eine vorschnelle Aufnahme der ersten Millenium- Youngsters. Recht schnell kamen dann aber auch die größten Skeptiker nicht mehr umhin zuzugeben, dass auf einmal ein frischer Wind durch die Hütte wehte. Kein gänzlich fremder nicht, sondern eher einer, der im Laufe der Jahre stark abgeebbt war. Der konnte, wie man recht schnell merkte, durchaus zu einer steifen Briese auffrischen. Klar, die Burschen wollten was erleben, nur im Clubhaus rumhocken reichte da nicht aus. Action war wieder angesagt, so dass sich die Altvorderen zwangsläufig vom Sofa erheben mussten um den Jungen zu zeigen, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Dabei stellte der ein oder andere jedoch mit Erschrecken fest, dass es nicht mehr so einfach war, mit dem Tempo der Jugend in Sachen Partyfeiern mitzuhalten. Gut, hier und da mussten die jungen Wilden, auch manchmal durch die Anwendung drastischer Maßnahmen, wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden, wenn Sie´s mal allzu bunt getrieben hatten. Ihre Sporen verdienten sie sich aber nicht zuletzt dadurch, dass die ausgesprochenen Sanktionen, wenn auch zähneknirschend, so doch im vollen Umfang akzeptiert und die daran geknüpften Auflagen allesamt erfüllt wurden, obwohl es wesentlich einfacher gewesen wäre, die Flinte ins Korn zu werfen und den Club für immer zu verlassen. Gerade dieses Verhalten zeigte deutlich, dass hier wohl mehr im Spiel war, als nur ein oberflächliches „ich bin dabei“ -Gehabe. Und man sollten recht behalten! Durch die Neuzugänge wurden nun Kontakte zu weiteren Gruppen geknüpft, die wir vorher gar nicht wahrgenommen hatten, einfach weil hier der Altersunterschied bereits zu groß war. Um diese Entwicklung weiter voranzutreiben war schnell klar, dass eine Verjüngung des Vorstandes unumgänglich wurde, was im Jahr 2006 dann auch geschah. In diesem Jahr wurde der Club tatsächlich von einer neuen Generation übernommen und mit großem Erfolg bis heute weitergeführt. Die Zahl der Mitglieder stieg bis zum heutigen Tag auf gut 30 an, Tendenz weiter steigend.

Da wir in unserer Zeitreise nun eigentlich in der Gegenwart angekommen sind, möchte ich die Vereinschronik hier schliessen. Als einer, der vom ersten Augenblick an dabei war, will ich mich an dieser Stelle von den aufmerksamen Lesern jedoch nicht ohne die Bemerkung verabschieden, dass man zur Zeit bei den Motorradfreunden Wiedergeltingen den Eindruck gewinnt, der alte Geist sei wieder lebendig. Er wird durch eine neue, junge Generation weitergetragen. Ein Umstand, um den uns viele beneiden.

 

boxer